Twistringen
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts lebten in der Gemeinde Twistringen (seit 1964 Stadt Twistringen) einige jüdische Familien, die vom Vieh- und Textilhandel lebten. In den 1840er Jahren richteten sie in einem Haus in der Bachstraße einen Betraum ein. Zusätzlich verfügte das Gebäude über einen Schulraum, in dem bis 1860 und erneut um die Jahrhundertwende Schüler unterrichtet wurden. Nördlich des Ortes lag an der Straße nach Binghausen ein jüdischer Friedhof. Dem 1843 gebildeten Synagogenbezirk Twistringen gehörten auch Juden aus den benachbarten Ortschaften Ehrenburg, Heiligenloh, Schmalförden, Wesenstedt und Köbbinghausen an.
Bereits in den 1880er Jahren begann die Zahl der jüdischen Einwohner wegen der Abwanderung in größere Städte wieder zu sinken. 1933 lebten in Twistringen noch 27 jüdische Einwohner (1895 waren es noch 38 gewesen).
Bereits vor 1933 wurden Schaufensterscheiben von Geschäften jüdischer Eigentümer mit NS-Parolen beschmiert, ein Ladenbesitzer wurde auch tätlich angegriffen. Während des Aprilboykotts postierten sich SA-Angehörige vor drei Geschäften. In der Folgezeit verließen die ersten jüdischen Familien den Ort.
Der Novemberpogrom fand in Twistringen am 10. November 1938 statt – und zwar tagsüber. Vor den Augen zahlreicher Zuschauer – die Kinder im Ort hatten extra schulfrei bekommen – brannten SA-Angehörige an diesem Tag das Gebetshaus nieder. Zudem plünderten sie die Wohnungen der jüdischen Einwohner und nahmen alle Männer in „Schutzhaft“. Von den Anfang 1938 noch acht in Twistringen lebenden Juden sollen alle Anfang der 1940er Jahre deportiert und ermordet worden sein.
1947 bzw. 1951 verurteilte ein Gericht zwei Tatbeteiligte an den Pogromen von 1938 zu kurzen Haftstrafen. Seit 1985 erinnert ein Gedenkstein in der Bachstraße nahe des Grundstückes, an der bis 1938 das Gebetshaus gestanden hatte, an die Verfolgung und Ermordung der Twistringer Juden. Der Friedhof an der heutigen Straße Zur Poggenmühle blieb mit zahlreichen Grabsteinen erhalten.
Weiterführende Literatur und Links
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum: Twistringen (Niedersachsen)