Seesen
Seit spätestens Ende des 17. Jahrhunderts lebten in Seesen jüdische Familien. 1801 wurde in Seesen die „Jacobsonschule“ gegründet, in der jüdische Jungen handwerklich und in der Landwirtschaft ausgebildet wurden. Später entwickelte sich daraus ein staatlich anerkanntes Gymnasium mit zweitweise 300 Schülerinnen und Schülern. Seit 1810 stand auf dem Schulhof mit dem „Jacobstempel“ eine Synagoge. Etwa zur selben Zeit wurde in der Dehnestraße ein jüdischer Friedhof angelegt.
1933 zählte die jüdische Gemeinde 40 Mitglieder, 1939 waren es nur noch zwei. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt. Die nationalsozialistischen Behörden bezichtigten den Synagogendiener Siegfried Nußbaum, das Feuer gelegt zu haben. Bei seiner Festnahme wurde er angeschossen; er starb wenige Tage später an seinen Verletzungen. Auch das Kaufhaus „Bloch & Bremer“ wurde niedergebrannt. Zudem drangen SS-Angehörige in die Wohnungen jüdischer Familien ein. Drei Männer wurden verhaftet.
Im Sommer 1939 hielten sich in Seesen keine Juden mehr auf. Insgesamt fielen der Soah mindestens 22 Seesener Jüdinnen und Juden sowie ca. 250 ehemalige Schülerinnen und Schüler der „Jacobsonschule“ zum Opfer.
In der Jacobsonstraße erinnert seit 1946 ein (gestalterisch an das jüdische Mahnmal in der Gedenkstätte Bergen-Belsen angelehnter) Gedenkstein an die ehemalige Synagoge; er trägt die Inschrift:
Hier stand die Synagoge der Jüdischen Gemeinde Seesen,
welche am 9.11.1938 frevelhaft zerstört wurde.
Haben wir nicht alle einen Vater – Hat nicht ein Gott uns geschaffen?
Der jüdische Friedhof an der Dehnestraße ist mit rund 100 Grabsteinen erhalten geblieben. 2006 wurden erste Stolpersteine in der Langen Straße verlegt. Am Jacobsonplatz erinnert eine „Stolperschwelle“ vor dem Bürgerhaus an die ehemaligen Schüler der Jacobsonschule, die Opfer der Shoah wurden.
Weiterführende Literatur und Links
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum: Seesen (Harz)
Jacobson-Haus Seesen: Schulgeschichte