November­pogrome
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1938 in Niedersachsen

Aumund

Meier Levi ließ sich 1758 als erster Schutzjude in Aumund (heute Bremen-Aumund) nieder. 1821 lebten dort bereits vier jüdische Familien. Der Antrag eine Synagoge errichten zu dürfen wurde zunächst abgelehnt. Die Gemeindemitglieder mussten weiterhin die Synagoge in Grohn aufsuchen.

Zur jüdischen Gemeinde Aumund gehörten ab Mitte des 19. Jahrhundert die Ortschaften Blumenthal, Grohn, Fähr, Rönnebeck, Reckum und Vegesack. 1844/45 zählte die Gemeinde 16 Familien mit insgesamt 81 Personen. Ende 1850 wurde der erneute Antrag auf Einrichtung einer Synagoge genehmigt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts richteten sich mehrere antisemitische Anschläge gegen die Synagoge. Im November 1888 wurde von unbekannten Tätern ein Brand gelegt, außerdem wurden mehrmals Fenster eingeworfen.

Bis 1922 wuchs die Zahl der Gemeindemitglieder auf 120 an. Die zunehmende Ausgrenzung und Verfolgung ab 1933 führte zu einer vermehrten Abwanderung der jüdischen Bevölkerung. Am 1. April 1938 wurde die Synagogengemeinde Aumund aufgelöst.

Am 9. November 1938 wurden jüdische Geschäfte in Vegesack und Blumenthal von SA-Trupps zerstört und mindesten zwei Familien verhaftet. Die jüngeren männlichen Mitglieder kamen in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Die Aumunder Synagoge wurde erst einen Tag später gegen 15 Uhr niedergebrannt. Die anwesende Feuerwehr sicherte nur die Nachbarhäuser, so dass die Synagoge bis auf die Grundmauern abrannte.

Die in Aumund verbliebenen Juden mussten 1939 in „Judenhäuser“ umziehen. Von dort wurden sie 1941 und 1942 nach Minsk und Theresienstadt deportiert. Eines der „Judenhäuser“ befand sich vermutlich in Blumenthal.

Nach Kriegsende ermittelten britische und amerikanische Behörden ebenso wie die deutsche Kriminalpolizei wegen der Brandstiftung an der Aumunder Synagoge. In den zwei darauf folgenden Prozessen wurden die zwei Hauptverantwortlichen freigesprochen. Einer von Ihnen, der ehemalige „SA-Sturmbannführer“ Ernst Röschmann, wurde lediglich wegen Landfriedensbruchs zu einem Jahr Gefängnis verurteilt.

Am Standort der niedergebrannten Synagoge wurde 1978 eine Gedenktafel aufgestellt. 2007 wurde der Platz Ecke Neue Straße/An der Aumunder Kirche in „Jakob-Wolff-Platz“ umbenannt und durch eine Skulptur der Bildhauerin Clarissa Dietrich neu gestaltet. Jakob Wolff war der letzte Vorsteher der Gemeinde, er starb in Theresienstadt.

Herbert Obenaus (Hrg.), Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Wallstein-Verlag, Göttingen 2005, Band 1, S. 120 – 125

Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum: Bremen (Stand August 2018)

Spurensuche Bremen 1933 – 1945: Aumund Synagoge

Internationale Friedensschule Bremen: Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den 79. Jahrestag der Pogromnacht vom 9./10. Nov. 1938 gegen jüdische Mitbürger Donnerstag, den 8. November 2018, 17:00 Uhr am ‚Jacob-Wolff-Platz‘ in Aumund