November­pogrome
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1938 in Niedersachsen

Leer

Nach Verleihung der Marktrechte durch den Grafen Edzard I. im Jahre 1508  und dem Zuzug von Religionsflüchtlingen aus den Niederlanden um die Mitte des 16. Jahrhunderts gewann der Marktflecken Leer nach und nach an Bedeutung – auch als Seehafenstadt – hinzu.

Hafenstädte zeichneten sich seinerzeit durch eine größere Offenheit gegenüber Kaufleuten aus anderen Ländern aus, so auch gegenüber spanischen und portugiesischen Juden seit 1612. Auch für Leer lassen sich zum Beispiel in den Schatzungslisten und Kirchenbüchern seit 1602 jüdische Bewohner nachweisen.

Ehemals wurde die der Straße zugekehrte Hälfte eines in der Kirchstraße gelegenen Packhauses, damals “Die drei Kronen“ genannt, als Bethaus genutzt. 1766 erwarb die Gemeinde in einer öffentlichen Versteigerung ein Haus in der damals am Ortsrand gelegenen Dreckstraße (jetzt Norderstr.). Nach langen Verhandlungen durfte die jüdische Gemeinde dieses Haus zehn Jahre lang als Eigentum behalten, musste aber zugestehen, es dann wieder zu verkaufen, um an einer weiteren „abgelegenen Stelle des Fleckens Leer“ eine Synagoge einzurichten. Letztendlich konnte die Gemeinde das Gebäude bis 1794 weiterhin als Synagoge nutzen. 1793/94 ließ die jüdische Gemeinde eine eigene Synagoge mit Mikwe in der Pferdemarktstraße errichten. Diese wurde bis ins Jahr 1885 genutzt, nachdem die Synagoge an der Heisfelder Straße fertiggestellt war.

Im Allgemeinen führten die jüdischen Einwohner im 18. Jahrhundert ein ärmliches Leben. Sie lebten in erster Linie vom Schlachterhandwerk, vom Pfandverleih, von „Wuchergeschäften“ und ähnlichen Gewerben. Für die ihnen zugestandene Verkehrsfreiheit zahlten sie ein hohes Schutzgeld und waren vor jeder Eheschließung verpflichtet, die Einwilligung der Regierung einzuholen. Den Jugendunterricht leitete zeitweilig ein Rabbiner.

Nach den Schatzungsregistern 1754 und 1757 muss innerhalb dieser drei Jahre der Kaufmann Ury Samuels (Cohen) nach Leer gekommen sein. Er soll der reichste Geschäftsmann der jüdischen Gemeinde gewesen sein und zum Erwerb der ersten eigenen Synagoge in der heutigen Norderstraße im Jahre 1766 eine beträchtliche Summe Geld gespendet haben. Sein Sohn, Salomon Ury Cohen, machte sich um die Einführung einer regelmäßigen Schule für jüdische Kinder verdient.

Im Jahr 1851 gab es in Leer 52 Familienhäupter in der israelitischen Gemeinde. Im Jahre 1880 hatte die Stadt bereits 288 jüdische Einwohner.

Die meisten jüdischen Bürger waren fest verwurzelt im gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben ihrer Heimatstadt. Immer wieder wurde in Gesprächen mit Überlebenden des Holocaust herausgestellt, dass ihre Eltern, Groß- und Urgroßeltern den Waffendienst in den „vaterländischen Kriegen“ (1864, 1866, 1870/71) und dem I. Weltkrieg (1914/18) als Ehrendienst angesehen haben.

Insbesondere den Leeraner Viehmarkt hatten sie durch ihre Wirtschaftsbeziehungen europaweit bekannt gemacht. Ab 1933 wurde die jüdische Bevölkerung systematisch ausgegrenzt. Nicht alle Leeraner Juden konnten die zunehmende Diskriminierung ertragen. 1935 wählten Ernst Vorzanger und Jacob Levi de Leeuw den Freitod, 1936 Sophie Isaak.

Noch bis über 1939 hinaus konnten die Juden nach Zahlung einer Auswanderer-Abgabe das Land verlassen. Die Spitzeldienste der Gestapo, der Devisenstellen, Finanz- und Zollämter funktionierten perfekt. Es war kaum möglich eigene Vermögenswerte vor dem Zugriff des Staates zu retten. Nach der Pogromnacht suchten immer mehr jüdische Mitbürger das Land zu verlassen. Zählte die Stadt Leer im Januar 1938 noch 201 jüdische Einwohner, waren es Ende des Jahres nur noch 141.

Mit der Bitte, doch nachträglich dem Verkauf des Leichenwagenschuppens der Synagogengemeinde angesichts der geringen Verkaufssumme und der Notlage der sich in Auflösung befindlichen Gemeinde zuzustimmen, wandte sich der Vorstand der Synagogengemeinde, David Hirschberg, noch im März 1940 in einem offiziellen Schreiben an die Stadt Leer. Dies war eine seiner letzten Amtshandlungen.

Synagoge an der Heisfelder Straße um 1900. Stadtarchiv Leer

Synagoge in Leer an der Heisfelder Straße um 1920. Stadtarchiv Leer

Erstes Bethaus in der Kirchstraße (Drittes Gebäude auf der rechten Seite). Postkarte um 1900. Stadtarchiv Leer

In Leer wurden die Aktionsbefehle der Gauleitung in Oldenburg erst kurz vor zwei Uhr in der Nacht des 10. November entgegen genommen. Neben Bürgermeister Erich Drescher waren vor allem Standartenführer Friedrich Meyer, Sturmbannführer Vollmer sowie Sturmführer Klinkenborg an der Organisation der Pogromnacht maßgeblich beteiligt. Bei einem ersten Treffen im Rathaus fand eine Abstimmung der Aufgabenbereiche statt, SA und Feuerwehr wurden informiert. Auf dem Lyzeumshof (Mädchengymnasium) erhielt das Einsatzkommando gegen drei Uhr nachts von Bürgermeister Erich Drescher genaue Instruktionen, die besagten, dass das Synagogengebäude an der Heisfelderstraße in Brand gesetzt und dabei auch die Wohnung des Synagogendieners Wolff „ausgeräuchert“ werden sollte. Außerdem wurde die SA angewiesen, die Schaufenster aller noch vorhandenen jüdischen Geschäfte zu demolieren.

An der Synagoge angekommen, wurden zunächst die Wolffs‘schen Möbel aus der Wohnung nach draußen geschafft. Der Kantor der jüdischen Gemeinde Joseph Wolffs und seine Frau Ida wurden rüde aus dem Schlaf gerissen. In Nachtkleidung mussten sie mit ansehen, wie der Bürgermeister Maßnahmen in die Wege leitete, ihr Mobiliar zu verladen und für Absperrungsmaßnahmen Sorge trug, wodurch er erst die Voraussetzungen für die Brandstiftung schaffte.

Wie Frau Wolffs später erzählte, hatte sie gesehen, wie der Bürgermeister selbst mit einer Fackel die Vorhänge vor den Heiligen Tafeln in Brand setzte.

Laut Aussage des Hauptbrandmeisters Eidtmann war die Synagoge bei Eintreffen der vom Rathaus aus benachrichtigten Feuerwehr hell erleuchtet. Bald danach schlugen Flammen aus dem Dach. Ein Zeitzeuge erinnerte sich, einen SA-Mann mit Brandbeschleunigern auf dem Dach der Synagoge gesehen zu haben. Der am Ort des Geschehens anwesende Bürgermeister hielt die Feuerwehr davon ab, den Brand zu löschen.

Anschließend, etwa ab 3.30 Uhr, begann die SA mit der „Aufholaktion“ der jüdischen Bürger der Stadt Leer und Umgebung, die mit rüder Gewalt vorgenommen wurde. Untergebracht wurden die Frauen, Kinder und Männer in den Viehhofanlagen auf der Nesse. Gegen Morgen durchsuchte die SA die jüdischen Häuser und Wohnungen nach Wertgegenständen und stellte diese „sicher“. Auf der Nesse wurden schließlich die Frauen und Männer voneinander getrennt. Die Frauen verblieben im Schlachthaus, die Männer wurden im Schweinestall eingesperrt. Um die Angst auf den Höhepunkt zu treiben, drohte man damit, das Stroh, das in die Räume gebracht worden war, anzuzünden. Im Laufe des Vormittags entließ man die Frauen und Kinder nach Hause, wo sie zertrümmerte und durchwühlte Wohnungen vorfanden und sich aller Wertgegenstände beraubt sahen. Am 11. November morgens um acht Uhr wurden 56 jüdische Männer, die im Viehhof verblieben waren, auf Lastwagen verladen und von SA und Polizei zunächst nach Oldenburg und anschließend per Sonderzug nach Oranienburg verbracht. Von dort ging es per Fußmarsch ins Lager Sachsenhausen.

Portal der ausgebrannten Synagoge am Morgen nach der Pogromnacht. Stadtarchiv Leer

Die Gauleitung wies die Kreisleitungen an, alle „Aktionen gegen jüdischen Besitz“ einzustellen. Zertrümmerte Läden wurden durch Holzverkleidungen usw. verschlossen, damit die Zerstörungen möglichst wenig sichtbar waren.

Auf Anordnung des Regierungspräsidenten wurde bereits wenige Tage nach der Pogromnacht der sofortige Abbruch der Synagoge auf Rechnung der Synagogengemeinde veranlasst. Erhalten blieb der Synagogenkeller, der als Luftschutzkeller hergerichtet werden sollte.

Über die Sorgen um den Verbleib und den Gesundheitszustand der deportierten Männer hinaus drückte in den jüdischen Familien die Sorge um das tägliche Brot. Ihnen waren nach dem nächtlichen Raubzug der SA keine Mittel verblieben, sich Lebensmittel kaufen zu können. Auf Veranlassung des Bürgermeisters musste die Standarte 3 einen Betrag von 500 RM aus jüdischem Vermögen freigeben, um die Leeraner Juden mit dem nötigen Bargeld zum Lebensunterhalt zu versorgen. Leeraner Geschäftsleuten wurde aufgegeben, dass sie lebensnotwendige Waren an die Juden zu liefern hätten. In diesem Zusammenhang wurden die an den Geschäften angebrachten Schilder „Juden haben keinen Zutritt“ im Einvernehmen mit den Gauleitungen beseitigt.

In der Folgezeit wurde das Leben für die jüdische Bevölkerung in Leer zur Qual. Viele versuchten ins Ausland zu gelangen, zumal die KZ-Haft der Männer beim Nachweis einer bevorstehenden Auswanderung aufgehoben wurde. Ein jüdisches Haus nach dem anderen ging in „arischen“ Besitz über. Die Verkaufserlöse wurden auf Sperrkonten eingezahlt.

Im Frühjahr 1940 hatten alle jüdischen Einwohner die Stadt im Zuge des „Räumungsgebotes der Grenzzone“ zu verlassen. Davon waren etwa 95 Leeraner Juden betroffen, die meisten gingen nach Berlin.

Im Juli 1940 sah sich der von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland zum Liquidator bestellte Dr. Hans Ries aus Hannover gezwungen, die Auflösung der „Jüdischen Kultusvereinigung Synagogengemeinde Leer zu veranlassen. Damit endete die fast 340jährige Geschichte jüdischen Lebens in der Ledastadt.

Seligmann Hirschberg wurde am 18. Mai 1894 in Zwesten im Landkreis Fritzlar-Homberg geboren. Zunächst unterrichtete er an der jüdischen Schule in Emden , ab 1. April 1938 an  der jüdischen Volksschule in Leer. Wie seine Vorgänger fungierte Herr Hirschberg nicht nur als Lehrer an der einklassigen Schule, sondern nahm darüber hinaus das Amt als Kultusbeamter, Chasan und Vertreter des Landrabbiners wahr. Hirschberg war in der jüdischen Gemeinde damit Lehrer, Ansprechpartner, Ratgeber und Seelsorger in Personalunion. In der Nachfolgezeit der Pogromnacht, die Familie Hirschberg in Leer erlebte, wurden Seligmann Hirschberg und sein Sohn Walter wie viele andere jüdische Männer aus Leer und Umgebung ins KZ Sachsenhausen verbracht. Walter wurde aus dem dortigen Jugendlager bereits nach zwei Wochen, Vater Seligmann Hirschberg kurz vor Weihnachten 1938 nach Hause entlassen. Den Schuldienst nahm Lehrer Hirschberg Anfang des Jahres 1939 wieder auf. Da die Synagoge zerstört war, fand auch der Gottesdienst im Schulgebäude statt.

Seligmann Hirschberg blieb zunächst in seiner Gemeinde in Leer. Wie alle noch hier lebenden Juden musste das Ehepaar Hirschberg aufgrund einer Weisung des Reichsinnenministeriums im Frühjahr 1940 die Region verlassen und zog nach Frankfurt/Main.  Hier wurde Hirschberg am liberalen jüdischen Philanthropin angestellt, wo er bis 1942 als Lehrer tätig war. Seine Frau Goldina half ihrer Schwester Frieda Amram bei der Leitung und Verwaltung eines jüdischen Kinderheims. Am 15. September 1942 wurde das Ehepaar Hirschberg zusammen mit 43 Kindern und Mitarbeitern des Kinderheims nach Theresienstadt und zwei Jahre später, am 29. September 1944, nach Auschwitz deportiert und dort am 28. Oktober 1944 ermordet.

Hochzeit im Hause Feilmann, 1939. Links Lehrer Seligmann Hirschberg, ganz rechts Joseph Wolffs. Stadtarchiv Leer

Erich Drescher wurde am 26.9.1894 in Laar (Grafschaft Bentheim) geboren. 1913 absolvierte er die Reifeprüfung an einer Oberrealschule und trat anschließend in den Zolldienst ein. 1914 war er Soldat im Hannoverschen Infanterie-Regiment 77 im Feldzug gegen Belgien und Frankreich. Bereits im Dezember 1914 wurde er verwundet und setzte 1916 den Zolldienst fort. 1929 wurde er zum Bezirkszollkommissar befördert. 1930 war er der NSDAP Ortsgruppe Weener beigetreten, bevor er in der Kreisstadt Leer eine eigene Ortsgruppe mitbegründete. Im NS-Staat machte er trotz seiner Hirnverletzung aus dem Ersten Weltkrieg Karriere: Im Juni 1933 erfolgte seine Ernennung zum Gauinspektor. Nachdem er im März 1933 durch Korruptionsvorwürfe den Rücktritt von Bürgermeister Erich vom Bruch provoziert hatte, stand seiner Wahl zum Bürgermeister am 28. August 1933 trotz eines fehlenden Jurastudiums nichts mehr im Wege. Hierfür war kurzerhand das bestehende Ortsstatut geändert worden.

Eine bedeutsame Rolle spielte Drescher bei den Vorgängen in der Pogromnacht. In seiner zusätzlichen Funktion als Oberbefehlshaber der Feuerwehr und der Polizei ordnete er in Kooperation mit der SA den Brand der Leeraner Synagoge an. Letztlich war er es, der Anfang April 1940 erklärte, Leer sei als eine der ersten ostfriesischen Städte „judenfrei“.

Bis zum Kriegsende vertrat Drescher in der von ihm mit herausgegebenen „Ostfriesischen Tageszeitung“ Durchhalteparolen. Sein letzter Beitrag „Mit dem Führer durch Nacht zum Licht!“ wurde noch am 20. April 1945 veröffentlicht.

Nach der Kapitulation geriet Drescher in Emden in Kriegsgefangenschaft und durchlief verschiedene Internierungslager. Wegen seiner Hirnverletzung aus dem Ersten Weltkrieg wurde er jedoch für haftunfähig erklärt. Als er 1951 wegen der Beteiligung an der Reichspogromnacht verurteilt werden sollte, wurde sein Strafmaß aufgrund medizinischer Gutachten wegen eingeschränkter Verantwortlichkeit auf ein Jahr und neun Monate Zuchthaus herabgesetzt. Die Strafe musste er allerdings nicht antreten, sie galt durch die Internierungs- und Untersuchungshaft als verbüßt.

Erich Drescher fand nach dem Krieg eine Anstellung als Nachtwächter bei den Libby-Werken in Leer. Auf dem Heimweg von der Arbeit nach Hause erlag Drescher im Dezember 1956 einem Herzinfarkt.

Erich Drescher (um 1940), Bürgermeister der Stadt Leer 1933 – 1945. Stadtarchiv Leer

Im Dezember 1951 fand im Festsaal des Rathauses Leer unter der Leitung von Landgerichtsdirektor Pfeffer der Synagogenbrandprozess gegen den ehemaligen Bürgermeister Erich Drescher und seine Mithelfer statt. Nach Anhörung zahlreicher Zeugen wurde der Angeklagte Erich Drescher am 12. Dezember wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Zerstörung eines Bauwerkes, schwerer Freiheitsberaubung und schweren Landfriedensbruches zu einem Jahr und neun Monaten Zuchthaus verurteilt. Die Strafe galt durch die in gleicher Höhe erlittene Untersuchungs- und Internierungshaft als verbüßt. Die Kosten des Verfahrens hatte der Angeklagte zu tragen.

Landgerichtsdirektor Pfeffer rekonstruierte in seiner ausführlichen Urteilsbegründung noch einmal die Vorgänge in der Pogromnacht, so wie sie vom Gericht anhand der Beweisaufnahme als erwiesen betrachtet wurden. Die anderen Mittäter wurden jeweils mit unter einem Jahr bestraft wegen: Zusammenrottung, Freiheitsberaubung, Gewalttätigkeiten, Plünderung, Zerstörung von Sachwerten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dabei handelte es sich um folgende Personen:

Anklage auf Zusammenrottung, Freiheitsberaubung, Gewalttätigkeiten, Plünderung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

Bernhard Fischer Postschaffner früher SA-Mann 40 Jahre
Carl Wedemeyer Kreisamtmann a.D. SA-Truppführer 66 Jahre
Siebrand Wessels Kreisobersekretär SA-Rottenführer 44 Jahre
Wilhelm Koch Studienrat SA-Scharführer 60 Jahre
Karl Reich Oberschullehrer SA-Scharführer 63 Jahre

 

Anklage wegen Zusammenrottung, Freiheitsberaubung, mutwilliger Zerstörung von Sachwerten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

Ulbert Borgmann Bauingenieur Parteigenosse 40 Jahre

 

Anklage wegen Zusammenrottung, Freiheitsberaubung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit:

Hermann Ulferts Justizangestellter SA-Mann 52 Jahre
Bernhard Bergkamp Malermeister SA-Rottenführer 72 Jahre
Jacobus Pott Angestellter SA-Rottenführer 39 Jahre
Gerhard Wientjes Kassenbote SA-Rottenführer 48 Jahre
Arthur Höncher Gastwirt SA-Mann 54 Jahre
Johannes Vieth Rentner SA-Sturmmann 71 Jahre
Hinderk Boelsen Schneidermeister SA-Rottenführer 51 Jahre
Ihno Gerdes Gärtner SA-Rottenführer 69 Jahre
Göke Wallenstein Kaufmann SA-Obertruppführer 44 Jahre
Johann Buisinga Polsterermeister SA-Rottenführer 79 Jahre
Erhard Ulferts Lagermeister SA-Rottenführer 57 Jahre
Alfred Lux Gerichtsvollzieher SA-Oberscharführer 49 Jahre

Lange Zeit hatte das Erinnern an die jüdische Geschichte in Leer keinen Stellenwert. Nur zwei Gedenksteine auf dem abgelegenen jüdischen Friedhof sowie an einer Werkstattwand in der Heisfelderstraße erinnerten an die Verfolgung in der NS-Zeit. Den eigentlichen Anstoß zur Verwirklichung einer würdigen Gedenkstätte zu Ehren der ermordeten jüdischen Bürger der Stadt und in Erinnerung an die Synagoge der jüdischen Gemeinde gaben im Juli 1999 die Kirchen. Eine vom Ökumenischen Arbeitskreis Leer beauftragte Arbeitsgruppe befasste sich zwei Jahre mit der Frage, wie ein Gedenken in angemessener Form aussehen könnte. Als ein Zeichen gegen Gewalt und Terror wurden 2002 in unmittelbarer Nähe zum eigentlichen Synagogenplatz an der Ecke Ubbo-Emmius-Straße/ Heisfelderstraße auf einem gepflasterten Eckgrundstück drei Stelen errichtet. Neben Texten zu den Themen „Synagogen in Leer“, „Jüdisches Gemeindeleben in Leer“ und „Verfolgung und Zerstörung“ sind die Namen aller ermordeten jüdischen Bürger der Stadt Leer aufgeführt.

Ferner wurde eine optische Verbindung zum ehemaligen Synagogenstandort durch die Anbringung einer Stele gleichen Materials mit dem stilisierten Bild des Eingangsportals der Synagoge an einer gegenüberliegenden Werkstattwand hergestellt.

Die Errichtung dieser Gedenkstätte zu Ehren der ermordeten jüdischen Bürger der Stadt Leer und in Erinnerung an die Synagoge der jüdischen Gemeinde soll eine Mahnung an zukünftige Generationen sein, aus der Geschichte zu lernen. An ihrer Realisierung haben viele Bürger, Betriebe, Institutionen und Vereine mitgeholfen.

Jedes Jahr finden hier am 9. November Gedenkveranstaltungen statt, in denen an die Vorgänge in der Pogromnacht erinnert wird und die Namen der Ermordeten von Schülerinnen und Schüler verlesen werden. Dieser Veranstaltung geht jeweils ein ökumenischer Gottesdienst in der benachbarten Baptistenkirche voraus.

Beykirch, Gernot: Jüdisches Lernen und die Israelitische Schule Leer zur Zeit des Nationalsozialismus. Schriftenreihe der Stiftung Schulgeschichte des Bezirksverbandes Weser-Ems der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Arbeitsstelle Regionale Schulgeschichte im Institut für Pädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Hrsg.: Klaus Klattenhoff, Hans-Dietrich Raapke, Friedrich Wißmann. Band 15, Oldenburg 2006

Giermanns, Heinz J.: Einer von uns: Albrecht Weinberg, Leiden an Deutschland, Rhauderfehn 2014

Hensmann, Menna: Dokumentation “Leer 1933-1945”, (Hrsg.) Stadt Leer, zusammengestellt und bearbeitet von Menna Hensmann, Leer 2001

Hensmann, Menna: Archivpädagogische Schriften – Synagogen in Leer – Eine Sammlung – „…Kein abgelegenerer Ort im gantzen Flecken vorhanden ist…“, Hrsg.: Stadt Leer, 2013

Hensmann, Menna: Archivpädagogische Schriften – „Wir wollen den Wolf in seiner Schlucht ausräuchern…“, Leer 2001

Prahm, Theodor: 1938 – 1988 Schicksal einer jüdischen Familie. Zeugenberichte von Karl Polak über sieben Jahre Verfolgung, Leer-Veltheim, November 1988

Reyer, Herbert: Das Ende der Juden in Ostfriesland, Ausstellung der Ostfriesischen Landschaft aus Anlass des 50. Jahrestages der Kristallnacht, Aurich 1988

Robra, Günther: Erich Drescher, in: Biographisches Lexikon für Ostfriesland, Aurich 1997

Teuber, Werner: Jüdische Viehhändler in Ostfriesland und im nördlichen Emsland 1871-1942, Cloppenburg 1955

Wegner, Manfred: Die jüdischen Familien in Leer und ihre Herkunft, Teil 3; Upstalsboom-Gesellschaft, Aurich 2015

Wikipedia: Groß Breesen (Lehrgut), Stand 09.02.2017, 16:21 Uhr

Alemannia Judaica: Leer: Jüdische Geschichte / Synagoge Stand: 05.03.2017, 19:51

Stadt Leer, Archivpädagogische Anlaufstelle: Unsere jüdischen Nachbarn. Aus der Reihe: Unterrichtsmaterialien der APA

Bundeszentrale für politische Bildung: Rüdiger Fleiter: Kommunen und NS-Verfolgungspolitik

Ostfriesen Zeitung, 14.6.2012: Ein Haus mit Versöhnungs-Botschaft

The Jewish Star, 6.8.2010: Forest Hills rabbi calls it a career

Statistik und Deportation der jüdischen Bevölkerung aus dem Deutschen Reich